Pflichtwidrigkeitsklausel: Nach den Versicherungsbedingungen der Berufshaftpflichtversicherung von Architekten und Ingenieuren sind Ansprüche aus Schäden die durch ein bewusst gesetz-, vorschrifts- oder sonst pflichtwidriges Verhalten verursacht wurden, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
Das klingt zunächst plausibel und richtig- wer bewußt etwas falsch macht, soll für einen Schaden der daraus entsteht, keinen Versicherungsschutz haben.
Allerdings was heißt das “etwas falsch machen, einen Baumangel verantworten und verschulden”, wer muss beweisen? Woran wird gemessen? wer muss dafür einstehen? Das ist schon heute oft strittig.
Der Gesetzentwurf des Bundesjustizministerium veröffentlicht am 29.7.2024 macht es Bauherren und Architektinnen künftig einfacher von bestimmten regulatorischen Vorgaben abzuweichen. Sie können gemeinsam festlegen, welche Baustandards für ein Projekt notwendig sind und wo Abweichungen sinnvoll erscheinen, ohne Abstriche bei Gebäudesicherheit und Gesundheit. Damit ist das Tor viel weiter als bisher geöffnet für Auseinandersetzungen zur Schuld und Verantwortung bei einem Baumangel oder auch Personenschaden. Für den Haftpflichtversicherer ist dann die Deckungseinschränkung – kein Versicherungsschutz bei bewußtem Verstoß – “Ihr habt die Abweichung ja sogar schriftlich vereinbart!” – u.U. ein willkommener Hebel um den Versicherungsschutz zu verweigern. Das gilt alles zumindest so lange bis hier neue verbindliche und verläßliche Parameter entwickelt sind.
Einige Versicherer haben die Pflichtwidrigkeitsklausel schon in der Vergangenheit geöffnet, andere nicht. Öffnung bedeutet z.B. der Versicherer wird sich nicht auf einen bewußten Verstoß berufen, wenn geltende Vorschriften oder allgemein anerkannte Regeln der Technik auf Wunsch des Auftraggebers/Bauherrn nicht eingehalten werden sollten und der Auftraggeber/Bauherr auf die Abweichungen und die sich daraus ergebenden möglichen Folgen schriftlich hingewiesen wurde.
Fazit: Kein Architekt sollte den Auftrag für ein Bauvorhaben des Gebäudetyps E oder eines vielleicht schon jetzt anstehenden Prototypen übernehmen wenn er nicht zuvor den Versicherungsschutz hinsichtlich Pflichtwidrigkeitsklausel mit seinem Versicherer geklärt hat.
Gerne Rücksprache!